Den Podcast "Schwarz und Rubey" liebe ich.
Die beiden österreichischen Schauspieler Simon Schwarz und Manuel Rubey entwickeln darin ihren ersten Podcast. Beide wollten eigentlich nie einen machen, "da es eh schon so viele gibt."
Was ihre Tonaufnahmen für mich so besonders macht, ist, dass man den Prozess, die Stolpersteine, die Fehler so hautnah mitbekommt. Natürlich auch die Entwicklung. Davon abgesehen, dass ich beide Künstler recht schätze und ihr Humor für mich perfekt ist.
Ihre bewusste Entscheidung zur Unperfektion und dass sie tatsächlich Material verwenden, das sie nicht vorteilhaft rüberkommen lässt. finde ich sehr stark. Und auch, dass sie den Zuhörern verdeutlichen wollen, dass die Entstehung von einem Projekt bei jedem ein Prozess ist, auch bei erfahrenen Künstlern.
Das macht Mut.
Eine Person, die mir sehr nahe steht, fühlt sich zurzeit von mir gekränkt.
Ich merke, allein diesen Satz zu schreiben, löst in mir Traurigkeit, Scham und Schuldgefühle aus.
Als sehr harmoniebedürftige Person habe ich es perfektioniert, Konflikten aus dem Weg zu gehen und mich an den Bedürfnissen anderer zu orientieren. Vor allem wenn es um Menschen geht, die ich sehr lieb habe.
Oft hab ich Ehrliches ausgespart, um niemanden zu verletzen. Ein Zug an mir, den ich schätze und verachte zugleich.
Die besagte Kränkung fand vor 3 Tagen statt. Seither herrscht Distanz und Kühle. Auf mein Angebot, darüber zu reden, möchte Diejenige noch nicht eingehen.
Zuerst verunsicherte mich das. Ungereimtheiten muss man doch sofort bereinigen, oder?! Das lernt man doch so.
Ich wollte das Ganze so schnell wie möglich aus dem Weg räumen, um weiterzumachen wie bis jetzt.
Inzwischen ist aber weitere Zeit vergangen und ich merke, wie sich in mir zunehmends etwas verändert. Plötzlich sehe ich den zweiten Aspekt einer Krise viel klarer - nicht mehr nur Gefahr, sondern auch Chance.
War da nicht schon länger etwas schief in unserer Beziehung? Hatte unsere Beziehung nicht schon lange verabsäumt, sich weiterzuentwickeln, wie wir als Personen es taten?
Irgendetwas steckte. Was es war? Keine Ahnung.
Aber ich merkte, dass das Konflikt-nicht-sofort-aus-dem-Weg-räumen & die Pause eine Klarheit förderten.
Ich dachte heute darüber nach, was ich an "Schwarz und Rubey" so mochte - einem Prozess vertrauen.
Es aushalten, nicht perfekt zu sein und alles (gleich) richtig zu machen.
Es aushalten, nicht zu wissen, was andere über einen denken und ob man ihr Bild von einem unwiderruflich verändert.
Es aushalten, nicht zu wissen, ob man sich selbst verändert.
Und in meinem Fall...
...es aushalten, dass ich nicht alles in der Hand habe.
Es heißt, an einem Grashalm zu ziehen nützt nichts. Das Gras wächst deswegen nicht schneller.
Manchmal hindert man es sogar daran, weil man die Wurzeln aus der Erde zieht.
Auch ein Gewitter kann man nicht einfach weg-tun.
Ja, das liebe Tun.
Wir lernen, selbstverantwortlich zu handeln. Seit meiner Jugend beschäftige ich mich mit Literatur über Persönlichkeitsentwicklung, Psychologie, Philosophie, Spiritualität. Das hat mir fest eingebläut, dass immer ich für Veränderung verantwortlich bin. Dass das Außen ein Spiegel meiner Innenwelt ist und ich "einfach" nur etwas tun muss, um ein gewünschteres Ergebnis zu erhalten.
Eine unermüdliche Stimme in mir leiert mir das auch vor. Mitschwingen tut "Ich bin selber Schuld".
Erst jetzt und nach & nach dämmert mir,
dass das Tun und Ursache-/Wirkungsdenken eigentlich ein Kontrollieren-wollen ist.
Und dass das Kontrollieren der Angst entstammt.
Wie konnte ich nur denken, ich hätte alles selber im Griff?! Dass das Leben so einfach gestrickt sei?!
Zum Glück haben wir nicht alles selbst in der Hand!
Das wäre eine Riesenkatastrophe bei unserem beschränkten menschlichen Bewusstsein.
Das Leben ist soviel komplexer und smarter. Und wundervoller!
In meinem Fall heißt das jetzt loslassen und vertrauen.
Ich weiß noch nicht, wo die Reise mit meiner geliebten Person hingeht.
Natürlich wär es mir zeitweise lieber, die begleitenden Gefühle der Hilflosigkeit, der Traurigkeit und der Scham wären weg.
Aber mit diesen Gefühlen zu sein, bedeutet auch, die Angst vor ihnen zu verlieren.
Und ich bin stolz darauf, mutig zu sein!
Das zu leben, was ich an anderen wie Schwarz und Rubey bewundere.
Zu einer Person zu werden, die ich selbst bewundere.
Helen Keller sagte einst:
"Liebe mich dann am meisten, wenn ich es am wenigsten verdiene,
denn dann brauche ich es am nötigsten."
Ich habe jemanden gekränkt. Und ich liebe mich trotzdem.